Kirchenkreisklausur in Prag

Nachricht Prag, 22. September 2025

Gespräche über jüdisches und christliches Leben in Prag

Alle zwei Jahre begibt sich die Konferenz der Hauptamtlichen im Kirchenkreis auf eine mehrtägige Klausur. Dort stehen dann aktuellen Themen im Mittelpunkt der Fortbildung, aber auch Entwicklungen im Kirchenkreis werden mit mehr Zeit, als im üblichen Berufsalltag diskutiert und beraten. In diesem Jahr führte diese Studienfahrt erstmals ins Ausland nach Prag. Auf dem Programm der Reise für 20 Hauptamtliche vom 15. bis 19. September stand unter anderem am Dienstag, 16. September, „Jüdisches Leben in Prag" mit einer Stadtführung und Begegnung mit der jüdischen Gemeinde. Dr. Zuzana Peterova berichtete der Gruppe im Saal der Gemeinde von ihrer eigenen Lebensgeschichte als Angehörige der zweiten Generation nach dem Holocaust. Sie hat vier Kinder. Einer ihrer Söhne ist der Prager Hauptrabbiner David Peter, der die Gäste als besondere Überraschung im Synagogenraum begrüßte. Die Gemeinde pflegt die Gemeinschaft untereinander, wurde im Gespräch deutlich: Jeden Tag kommen zum Beispiel Mitglieder der Gemeinde zum Essen in das Haus der Gemeinde und auch der Sabbat wird mit einem Essen gefeiert. Regelmäßig unterrichtet der Rabbiner Interessierte am jüdischen Glauben online oder auch im persönlichen Gespräch. Nach den Gesprächen in der Gemeinde besuchten einige Teilnehmende noch die besonderen Stätten jüdischer Geschichte in Prag, wie den alten jüdischen Friedhof oder die spanische Synagoge.  Der Tag endete mit einem erlebnispädagogischen Angebot von Diakonin Katrin Wolter für die gesamte Gruppe.

Am Mittwoch, 17. September, stand die Situation der protestantischen Kirche in Prag und Tschechien im Mittelpunkt. Martin Balcar, der Generalsekretär der 1918 gegründeten Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB), sprach über die Entwicklung der landesweit gut 50000 Mitglieder zählende Kirche als Minderheitenkirche. Konsequent habe die Kirche Kosten gespart, hat unter anderem Räume und die Verwaltung reduziert. Die Kirche sei unabhängig vom Staat und engagiere sich gleichzeitig für die Gesellschaft, in der Seelsorge, der Diakonie, zum Beispiel auch für Geflüchtete aus der Ukraine. Die Stärke der Kirche „als ältestes Netzwerk der Welt“ sei, dass lokale Gemeinden sehr schnell vor Ort reagieren könnten. 1994 wurde die kleine deutschsprachige evangelische Gemeinde gegründet, die ebenfalls am Mittwoch besucht wurde. In der historischen Kirche „St. Martin in der Mauer“ feiert die Gemeinde ihre Gottesdienste mit Pfarrerin Kristýna Malíšková Pilecká. Sie und Detmar Doering, der 2016 als Leiter einer parteinahen Stiftung nach Prag kam und seitdem dort lebt, berichteten von der Arbeit in der kleinen, rund114 Mitglieder zählenden Gemeinde. Es gibt Treffen für alle Generationen, viele Besuche deutscher Gruppen, Unterricht in der deutschen Schule, Konfirmandenunterricht und viele Kontakte zu anderen Gemeinden und der Stadt. Die Kirche ist in städtischen Besitz und wird von der Gemeinde angemietet. St. Martin in der Mauer wurde 1187 erstmals erwähnt und war im Mittelalter ein Teil der  Stadtmauer um die Altstadt herum. In der Kirche wurde erstmals der Laienkelch, der vom Reformator Jan Hus eingeführt wurde, geteilt. Der Tag endete kulturell mit einem Konzert in einem Jazzclub.

Der letzte Klausurtag am Donnerstag wurde vor allem für den kollegialen Austausch in vier regionalen Gruppen genutzt und für aktuelle Absprachen. Außerdem wurde eine Andacht gefeiert. Am Nachmittag war Zeit für Erkundungen Prags, wie zum Beispiel des Burggeländes Hradschin oder Museumsbesuche. Die Gruppe kehrte am Freitag nach einer langen Zugfahrt wieder zurück in den Kirchenkreis.

Fotos und Text: Freitag