perspektiven:schöpfung – 2. Konzertabend in der Klosterkirche Barsinghausen
"Die Schöpfung“ nach Joseph Haydn – Konzert mit Schauspiel im Kontext des Klimawandels: Ein Abend, der musikalische Traditionen mit aktuellen Fragestellungen verbindet: Am Sonntag, 14. Dezember 2025, um 17 Uhr lädt das Projekt „perspektiven:schöpfung“ zu seinem zweiten Konzert in die Klosterkirche Barsinghausen ein. Unter der Leitung von Ole Magers entsteht ein Format, das Haydns Klangsprache, szenische Impulse und Gegenwartsbezüge in einen konzentrierten Dialog bringt.
Musik, die aus kirchlichen und klassischen Traditionen hervorgegangen ist, bietet oft mehr als reine Kunstform: Sie öffnet Räume, um gesellschaftliche Entwicklungen und gemeinsame Erfahrungen zu reflektieren. Mit „Die Schöpfung“ (Joseph Haydn) wird ein Werk aufgegriffen, das in seiner Struktur und Bildhaftigkeit ein besonderes Potenzial besitzt, um Fragen nach Ursprung, Wandel und Verantwortung zu beleuchten. Das Konzert lädt dazu ein, diesen Blick zu vertiefen und die eigene Wahrnehmung im Austausch mit Musik und Schauspiel neu zu justieren.
Der Abend verbindet musikalische und darstellerische Elemente zu einem Format, das sowohl inhaltlich als auch ästhetisch auf dem Werk Joseph Haydns basiert. Die Stadtkantorei Barsinghausen, ein Projektchor, ein Orchester sowie die Solistinnen und Solisten Celina Sophie Ohlhof (Sopran), Christoph Rosenbaum (Tenor) und Lino Ackermann (Bass) gestalten gemeinsam Auszüge aus Haydns „Schöpfung“, ergänzt durch Passagen aus der Sinfonie Nr. 6 und der Sinfonie Nr. 45. Abgeschlossen wird das Programm durch das neukomponierte Stück von Kantor Ole Magers, das den Titel „Trio per la Madre Terra“ trägt und einen zeitgenössischen Akzent setzt.
Die Schauspielerin Carolin Jurkat führt als verbindendes Element durch den Abend und öffnet eine emotionale Perspektive auf das Thema, das allen Programmpunkten zugrunde liegt: die Auseinandersetzung mit Klimawandel und Veränderungsprozessen. In ihren Überlegungen beschreibt sie den Zugang zu diesem Konzertformat als einen bewussten Perspektivwechsel. Während viele künstlerische Projekte die Klimakrise durch „veränderte, verzerrte und reduzierte“ musikalische Strukturen spiegeln, setzt dieser Ansatz auf eine Gegenbewegung. Die Schönheit, die Haydns Musik über Jahrhunderte hinweg transportiert, tritt in den Dialog mit einem Prozess, der von der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross in fünf Phasen beschrieben wurde: Leugnung, Wut, Verhandlung, Depression und Akzeptanz. Diese Benennung dient im Konzert nicht als psychologisches Modell im engeren Sinne, sondern als strukturelle Orientierung, um unterschiedliche emotionale Haltungen erlebbar zu machen.
Jurkat beschreibt diesen Ansatz als einen Weg, der nicht auf Resignation oder Hilflosigkeit hinausläuft, sondern auf eine Form von innerer Neuorientierung: „Sie haben den Mut, etwas anders zu machen. Sie haben einen Trauerprozess durchlaufen, sind aber nicht stehen geblieben.“ Dieser Gedanke bildet eine zentrale Linie des Abends. Er zeigt auf, wie tradierte musikalische Formen genutzt werden können, um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu beleuchten, ohne sie rein dokumentarisch oder didaktisch zu behandeln. Die Musik Haydns – in ihrer Klarheit, Struktur und Klangfarbenvielfalt – erzeugt Erinnerungsbilder, die an Naturerfahrungen, Schöpfungsnarrative und persönliche Erlebnisse gebunden sind. Dadurch entsteht ein Resonanzraum, in dem Zuhörerinnen und Zuhörer eigene Positionen reflektieren können: zwischen Verlust, Orientierungssuche und der Frage nach Handlungsspielräumen.
Auch Ole Magers beschreibt den programmatischen Ansatz als eine bewusste Verschiebung: weg von der reinen Problemanalyse, hin zu einer Form von Wahrnehmung, die menschliche Reaktionen in Krisensituationen sichtbar macht. Der Bezug zur Schöpfungsthematik entsteht für ihn organisch aus der historischen Anlage des Werks. Haydns musikalische Darstellung von Licht, Natur und Werden öffnet einen Zugang, der unabhängig von wissenschaftlichen Diskursen funktioniert. Magers betont, dass es in diesem Format nicht darum gehe, Positionen festzuschreiben oder Debatten zuzuspitzen, sondern darum, „Offenheit, Wahrnehmung füreinander und eine gewisse Ruhe“ in den Mittelpunkt zu stellen.
Damit richtet sich das Konzert an Menschen, die Musik als Erfahrungsraum schätzen – ganz gleich, ob sie mit klassischer Tradition vertraut sind oder einen neuen Zugang suchen. Für Senioren, Erwachsene und Familien entsteht ein Angebot, das sowohl musikalisch als auch thematisch zugänglich bleibt. Die Aufführung verzichtet auf schweres Pathos und dramatische Effekte, ebenso auf moralische Botschaften. Vielmehr lädt sie dazu ein, individuelle Erfahrungen mit kollektiven Fragestellungen zu verbinden und darin auch ermutigende Impulse zu entdecken.
Das Konzert versteht sich als Einladung zu „toller Musik, Momenten zum Nachdenken und einer Reise durch den Abend“. Er bietet einen Zugang, der sowohl emotional als auch rational anschlussfähig ist, ohne den Anspruch zu erheben, Antworten vorzugeben. Vielmehr wird ein Raum geschaffen, in dem Zuhörerinnen und Zuhörer Wahrnehmung und Eindruck nebeneinander stehenlassen können – und daraus vielleicht eigene Impulse gewinnen.
Der Eintritt ist frei.