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Konferenz März 2016

Nachricht Barsinghausen, 15. März 2016

Hauptamtliche diskutieren über Gefahren für den sozialen Frieden im Land

Andreas Mayert
Dr. Andreas Mayert vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD referierte in der Kirchenkreiskonferenz.

Ist der soziale Frieden im Land gefährdet, wenn auch der soziale Ausgleich gefährdet ist? Das war die Leitfrage eines Vortrags, den Dr. Andreas Mayert vom Sozialwissenschaftlichen Institut (SI) der EKD am Mittwoch, 16. März, in der Kirchenkreiskonferenz der Hauptamtlichen hielt. In seinen Ausführungen, die er mit zahlreichen statistischen Erhebungen belegte, zeichnete er mehrere Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte nach, die Ungleichheiten im Land verstärkt haben. So seien zwar auch einige positive Entwicklungen zu verzeichnen, wie ein Anstieg der Beschäftigung oder ein Rückgang von Arbeitslosigkeit. Andererseits habe die Beschäftigungsqualität abgenommen - es gäbe mehr Niedriglohnbeschäftigung, Teilzeit- oder befristete Stellen. In Ostdeutschland sei dies fast die Normalbeschäftigung. Auch die Reallöhne sind seit den 1990er Jahren nicht gestiegen - im internationalen Vergleich seien dies schlechte Werte. Zugenommen habe außerdem der Anteil der Erwerbslosen, die Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen und immer schwerer aus dieser Situation herauskommen. Fast die Hälfte aller ALG-II-Bezieher seien vier Jahre und länger davon betroffen. 15,5 Prozent der Menschen im Land gelten als arm - die verfügen über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens im Land. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen steige der Anteil, liege zurzeit aber noch unter dem bundesweiten Durchschnitt. Das Rentenniveau sinkt kontinuierlich. Das Armutsrisiko Erwerbsloser habe extrem zugenommen, von rund 30 auf fast 60 Prozent. Die Kaufkraft von ALG-II-Beziehern sei gesunken in den letzten Jahren. Sie können sich vieles, was für andere selbstverständlich ist, nicht mehr leisten. Ein anderer Aspekt, den Andreas Mayert nannte, ist die Chancengerechtigkeit in der Bildung. Noch immer entscheiden häufig das Elternhaus und dessen Bildungsabschluss über die Bildungschancen der Kinder. Und auch die Vermögensverteilung entwickle sich weiter auseinander. Zusätzlich verfalle die Infrastruktur - die Lebensqualität in den Kommunen drifte immer weiter auseinander. So entstünde das Gefühl, dass der soziale Ausgleich nicht mehr funktioniere. Der Satz "Die Flut hebt alle Boote" gelte so nicht mehr in Deutschland. Diese gesellschaftliche Spaltung erkläre aber nicht allein rechtspopulistische Tendenzen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Es wachse nicht nur in den Gruppen mit geringen Einkommen die Abwertung von Asylbewerbern und Muslimen. Auch in der Pegidabewegung träfen sich nicht nur "Arme", sondern eher die Mitte der Gesellschaft. Allerdings gäbe es immer noch große Ost-West-Unterschiede. So liege der Schwerpunkt der Anschläge auf Flüchtlingsheime in den neuen Bundesländern. Ein wichtiger Aspekt sei für ihn die Stärkung der Kommunen, auch mit Blick auf den Wohnungsbau.

Im ersten Teil der Kirchenkreiskonferenz im Saal der Mariengemeinde Barsinghausen tauschten sich die Hauptamtlichen über Aktuelles im Kirchenkreis aus.

Foto und Text: Freitag